Die Abteilung Qualitätssicherung Fügetechnik Karosseriebau im Werk Zwickau der Volkswagen Sachsen GmbH und InfraTec haben gemeinsam ein Prüfverfahren für Laserschweißnähte an Karosserieteilen entwickelt und mehrere Jahre in der Praxis erfolgreich angewandt. Mit der Produktion von Elektrofahrzeugen wurde das Fügeverfahren durch Widerstandspunktschweißen ersetzt. Für die Qualitätskontrolle der verbundenen Bleche konnte der im Betrieb befindliche INDU-SCAN-Prüfstand unter Verwendung vorhandener Technik umgebaut und durch Kombination mit intelligenten Algorithmen und Robotertechnik modernisiert werden. Nach einer erfolgreichen Pilotphase ist die Technologie serienmäßig für die E-Auto-Produktion im Zwickauer Fahrzeugwerk im Einsatz.
Bereits seit 2007 arbeiten InfraTec und Volkswagen Sachsen gemeinsam an zerstörungsfreien Verfahren zur Qualitätssicherung im Karosseriebau. Mit Unterstützung weiterer Partner bauten die beiden Unternehmen eine Prüfstation zur thermografischen Qualitätskontrolle von Laserschweißnähten auf. Ab 2018 rüstete VW das Werk in Zwickau-Mosel auf die Produktion einer neuen Generation von Elektroautos um, die auf dem „Modularen E-Antriebs-Baukasten“ basieren. In diesem Zuge fiel die Entscheidung, die Karosserieteile der batterieelektrischen Fahrzeuge nicht mehr per Laser, sondern mit dem Widerstandspunktverfahren zu verschweißen. Damit stellte sich die Frage, ob die vorhandene Thermografie-Anlage als Teil einer INDU-SCAN-Lösung weiter genutzt werden kann.
Volkswagen Sachsen GmbH
Qualitätssicherung Fügetechnik Karosseriebau
Fahrzeugwerk Zwickau
www.volkswagen-sachsen.de
Automatisierungslösung / Thermografiesystem:
INDU-SCAN / ImageIR® 8300 hp Wärmbildkamera
Gemeinsam modernisierten die Experten von VW und InfraTec in der Folgezeit die vorhandene Thermografie-Prüfanlage, die für die Qualitätssicherung beim Laserschweißen konstruiert worden war. Dazu wurde diese mit neuen Komponenten nach Stand der Technik ausgerüstet und die Blitzanlage an die geänderten Anforderungen angepasst. Dazu gehört z.B. die leistungsfähigere Thermografiekamera vom Typ ImageIR® 8300 hp. Außerdem wurden intelligente Algorithmen integriert, welche die enormen Datenmengen auswerten, die bei den immer komplexeren Thermogrammen entstehen.
Beim werden zwei Elektroden mit hoher Kraft von beiden Seiten auf die zu verbindenden Karosserieteile aufgepresst und elektrische Energie mit mehreren Tausend Ampere Stromstärke in den Stahl eingeleitet. Aufgrund des ohmschen Widerstands, den das Metall dem Stromfluss entgegensetzt, kommt es zu einer Wärmeentwicklung, die das Metall an den Kontaktstellen linsenförmig aufschmilzt. Werden die Elektroden entfernt, erkaltet diese Linse nach wenigen Sekunden und die Bleche sind punktförmig miteinander verbunden.
Die aktivthermografische Qualitätsprüfung der Verbindung erfolgt im transmissiven Modus: Die mittels Blitzanregung in das Werkstück eingetragene thermische Energie wird durch Wärmeleitung im Material transportiert und die Temperatur auf der gegenüberliegenden Seite der verbundenen Karosseriebleche gemessen. Die Thermografiekamera ermittelt dabei Pixel für Pixel die Wärmeverlaufskurven für den flächigen Schweißpunkt.
Die Verbindungsqualität der Punktschweißung ist gewährleistet, wenn die Temperatur zu einem festgelegten Auswertezeitpunkt über einem vorab definierten Schwellenwert liegt. Die eigens entwickelte Software liefert dann ein möglichst einheitliches Bild des Schweißpunktes. Dessen Grenzen sind in der Darstellung deutlich zu erkennen aber auch Einschlüsse, Verunreinigungen und andere Fehler.
Um ganze Fahrzeuge mit der Methode prüfen zu können, wurde die INDU-SCAN-Messstation mit zwei, auf Verfahrachsen positionierbaren Industrierobotern ausgestattet. Am frei beweglichen Arm des einen Roboters ist die Thermografiekamera befestigt, am Arm des anderen der Blitzkopf. Der zur Blitzerzeugung benötigte Generator fährt auf dem Fuß des zweiten Roboters mit.
„Das ist weltweit die erste thermografische Lösung, um berührungslos und automatisiert Widerstandsschweißpunkte im Großserien-Automobilbau zu prüfen“, schätzt der Leiter der Qualitätssicherung in der Fahrzeugfertigung, ein. Die neue Technik sei viermal so schnell, aber auch ergonomischer und effektiver als die bisherigen Prüfverfahren für solche Schweißpunkte. „Das ist eine kleine Revolution für die Branche“.
Die hochautomatisierte, thermografische Qualitätssicherung der Schweißpunkte ist der bis dahin im Karosseriebau eingesetzten manuellen Ultraschall-Prüfung in vielerlei Hinsicht deutlich überlegen. Diese kann nur stichpunktartig erfolgen und ist häufig anstrengend, denn die Prüfer müssen immer wieder „über Kopf“ arbeiten. Versuche, die Ultraschall-Prüfung zu automatisierten, sind bisher immer wieder gescheitert.
Hinzu kommt, dass die INDU-SCAN-Lösung deutlich schneller ist: Benötigten die Ultraschallprüfer meist 30 bis 40 Sekunden, um einen Schweißpunkt manuell zu untersuchen, braucht die Thermografie-Prüfstation für jeden analysierten Schweißpunkt nur fünf bis zehn Sekunden. Damit schafft sie etwa 1.500 statt nur 500 bis 600 Schweißpunkte pro Schicht. Das wiederum ermöglich mehr Stichproben, sichert eine beständig hohe Qualität und eröffnet den Betreibern der Fertigungsanlagen die Möglichkeit, rechtzeitig korrigierend einzugreifen, wenn Probleme in der Produktion auftreten.
Das von VW und InfraTec entwickelte Verfahren zur Qualitätssicherung kann nicht nur für die Elektroauto-Produktion angewendet werden, sondern in jedem Werk, welches das Widerstands-Punkt-Schweißen einsetzt. Die Zwickauer Experten wollen gemeinsam mit InfraTec das neue Verfahren weiter verbessern und beschleunigen. Ihr Ziel ist eine „Inline“-Lösung, bei der nicht mehr nur zeitverzögert Stichproben gezogen werden, sondern die Qualität der Schweißpunkte während der laufenden Autoproduktion in Echtzeit beurteilt wird.